LSD, Zauberpilze und Engelstrompeten gehören seit den sechziger Jahren zum Spektrum der konsumierten Drogen und sind auch heute noch aktuell. Wie werden diese Halluzinogene ein gesetzt? Wie beeinflussen sie Psyche und Körper? Was wissen wir über die kurz- und langfristigen Folgen dieser psychoaktiven Substanzen? Welche Ziele soll die Prävention verfolgen?
Unter dem Begriff der Halluzinogene (abgeleitet aus lat. alucinatio = gedanken loses Reden) werden sehr unterschiedliche psychoaktive Substanzen zusammengefasst. Das gemeinsame Merkmal dieser Stoffe liegt darin, dass sie Sinnestäuschungen und tiefgreifende psychische Veränderungen hervorrufen können. Charakteristisch ist dabei ein stark verändertes Erleben von Raum und Zeit sowie des Selbst.
Die Abgrenzung der halluzinogenen von den rein anregenden oder dämpfenden Wirkungen einer Droge ist schwierig und letztlich auch eine Frage der Definition. Oft überschneiden sich bei einer Droge die verschiedenen Wirkungsweisen. So können Cannabis, Amphetamine und Ecstasy bei hoher Dosierung halluzinogene Wirkungen entfalten.
Diese Suchtinfo befasst sich jedoch mit den Halluzinogenen im engeren Sinn. Halluzinogene werden häufig in eine erste und zweite Ordnung eingeteilt.
Zu den Halluzinogenen erster Ordnung gehören in der Natur vorkommende Substanzen aus der chemischen Gruppe der Indolamine (LSD, Meskalin, Psilocybin) und künstlich hergestellte Phenyläthylamine wie DOM und 2C-B.
Zu den Halluzinogenen zweiter Ordnung zählen bestimmte Narkosemittel wie Ketamin (»K«) und Naturstoffe wie Atropin, Scopolamin (in Mandragora, Bilsenkraut, Stechapfel) oder Muscimol (im Fliegenpilz). Halluzinogene zweiter Ordnung zeigen nur bei niedriger Dosierung eine LSD-ähnliche Wirkung, in höherer Dosierung werden ihre halluzinogenen Eigenschaften durch Bewusstseinstrübung überdeckt. Weltweit enthalten über 100 Pflanzen solche psychoaktive Wirkstoffe. Eine Vielzahl von ihnen konnte chemisch synthetisiert werden.
Die Geschichte des Gebrauchs natürlicher Halluzinogene in Mitteleuropa ist wenig erforscht. Die Rolle von psychoaktiven Pilzen, Kräutern und Früchten bei religiösen Ritualen und in der Volksmedizin ist unklar. Anzunehmen ist jedoch, dass Fliegenpilz, Mutterkorn, Bilsenkraut, Tollkirsche, Stechapfel und Alraunwurzel ihren Platz im Arsenal der »Medizinmänner« und »Kräuterweiber« unserer Vorfahren hatten. Eingebettet in sakrale Riten, schwarze Magie oder Heilkunst wurden halluzinogene Substanzen keineswegs unkontrolliert angewandt, sondern stets unter Anleitung von drogenkundigen Priestern, Heilern und »Hexen«.
LSD wurde im Jahr 1943 durch den Basler Chemiker Albert Hofmann entdeckt, der bei seinen späteren pharmakologischen Forschungen auch auf den Wirkstoff vieler magischer Pilze, das Psilocybin, stieß. In der Psychiatrie wurden Versuche unternommen, Halluzinogene in der Psychotherapie einzusetzen (Psycholyse).
Der nichtmedizinische Gebrauch von Halluzinogenen hat sich in den sechziger Jahren verbreitet, als die Hippie-Bewegung von Amerika nach Europa übergriff. Besonders LSD wurde als bewusstseinserweiternde Droge propagiert, unter anderem von »Gurus« wie Timothy Leary, einem amerikanischen Psychologen, dem die Schweiz 1971 politisches Asyl gewährte. »Acid« (engl. »Säure«), wie LSD oft genannt wird, galt für viele Jugendliche und junge Erwachsene als Symbol des Protests gegen die bürgerliche Kultur und gegen den Vietnam Krieg.
In Österreich verboten:
Die meisten der Halluzinogene (LSD, Psilocybin, DOM, 2C-B, ...) fallen unter das Suchtmittelgesetz, somit sind Erwerb, Erzeugung, Besitz, Einfuhr, Überlassung, etc. verboten. Manche Substanzen wie z.B. Ketamin sind im Arzneimittelrecht geregelt.
Das limbische System des Gehirns verarbeitet Sinneseindrücke und erzeugt Lust und Unlustgefühle. Es reagiert besonders stark auf halluzinogene Wirkstoffe. Diese gleichen in ihrer Struktur den wichtigsten Botenstoffen des Gehirns (Dopamin, Noradrenalin, Adrenalin, Serotonin), was die extrem gesteigerte Wahrnehmungsfähigkeit und die Sinnesüberreizung beim Halluzinogenrausch erklärt. Die Wirkung von Halluzinogenen kann je nach Dosis, Konsumform, Merkmalen der konsumierenden Person und Konsumsituation sehr unterschiedlich sein. Viele Konsumierende sehen Bilder (Halluzinationen und Visionen) oder hören Stimmen. Das Raum-Zeit-Empfinden und das Gefühlsleben können sich verändern, Gesprächigkeit und Offenheit zunehmen. Trance-Erlebnisse und religiöse oder mystische Erfahrungen, Ekstasen und Zustände meditativer Konzentration sind möglich. Manche Substanzen können sexuell stimulierend wirken. Neben »positiver Ich-Auflösung« (ein angenehm erlebter Verlust der Selbst- und Realitätskontrolle) können halluzinogene Drogen auch eine »negative Ich-Auflösung« (Horrortrip) zur Folge haben. Mit dem Konsum von Halluzinogenen sind auch beträchtliche körperliche Risiken verbunden (vgl. Abschnitt »Körperliche und psychische Risiken«).
LSD wird meist halbsynthetisch aus dem Mutterkorn gewonnen, einem Pilz, der auf Getreide wächst. Sofern die Ausgangsstoffe vorhanden sind, ist die Herstellung relativ einfach möglich. Das Schlucken von LSD führt nach 20 bis 60 Minuten zu körperlichen Symptomen wie beschleunigtem Herzschlag, Blutdruckabfall und Hitzewallungen; auch Schwindelgefühle und Bewegungsstörungen sind möglich. Die ersten psychischen Wirkungen treten erst eine bis drei Stunden nach der Einnahme auf und können fünf bis zwölf Stunden dauern.
Laut der Österreichischen Repräsentativbefragung 2008 (Uhl et al. 2009) haben 2,5 Prozent der 14- bis 99-jährigen Österreicherinnen und Österreicher zumindest einmal in ihrem Leben LSD konsumiert, am höchsten liegt der Wert bei den 40- bis 49-Jährigen (3,7 %). Innerhalb des letzten Jahres haben nur mehr 0,1 % der gesamten Bevölkerung LSD konsumiert. Zu anderen Halluzinogenen liegen keine Daten vor.
Die ESPAD-Studie (2007) kommt auf einen Wert von 2 % bei 15-/16-jährigen Schülerinnen und Schülern (sowohl in Österreich als auch im Europa-Schnitt), die jemals LSD oder andere Halluzinogene probiert haben.
Der Gebrauch halluzinogener Drogen bei Jugendlichen und Erwachsenen in Österreich kann somit im Vergleich zu anderen psychoaktiven Substanzen als ein Randphänomen betrachtet werden.
Relativ wenige Anzeigen
Auch aus der polizeilichen Statistik lässt sich ablesen, dass Halluzinogene im Vergleich zu Cannabis oder Ecstasy keine große Rolle spielen. 2010 wurden 137 Anzeigen wegen LSD registriert. Zum Vergleich: Im selben Jahr gab es ca. 17.000 Anzeigen im Zusammenhang mit Cannabis. Die geringe Anzahl von Beschlagnahmungen ergänzt das Bild (2010 kam es zu 43 Sicherstellungen von LSD-Trips). Das Sammeln von einheimischen psilocybinhaltigen Pilzen und das Züchten von mexikanischen Zauberpilzen dürften in Österreich ebenfalls wenig verbreitet sein. Kurz gesagt besitzen Halluzinogene auf dem österreichischen Drogenmarkt Seltenheitswert.
Die Pilzgattung Psilocybe zählt mit über 80 Arten (z.B. dem Kahlkopf und dem Teonanacatl) zur Familie der Lamellen- oder Blätterpilze. Die Wirkstoffe Psilocybin und Psilocin sind chemisch mit dem LSD verwandt und entfalten eine ähnliche Wirkung. Psilocybinhaltige Pilze wachsen hauptsächlich in Mittel- und Südamerika, kommen aber auch in Europa vor. Je nach Dosis und Form der Einnahme (meistens werden die Pilze gegessen) erreicht die Psilocybin-Konzentration im Gehirn nach 10 bis 30 Minuten ihr Maximum. Zuerst zeigen sich körperliche Effekte (Schläfrigkeit, Blutdruckabfall), später auch halluzinogene. Die Wirkung klingt schneller ab als beim LSD-Rausch (nach 6 bis 8 Stunden).
Vor allem in Mittelamerika findet sich eine Reihe von Kaktusgewächsen mit halluzinogenen Wirkstoffen. Am besten bekannt ist der Peyote-Kaktus, auch »mexikanischer Zauberkaktus« oder – von den Azteken – »Peyotl« genannt. Sein wichtigster Wirkstoff ist Meskalin, ein psychoaktives Alkaloid, das bereits Anfang des 20. Jahrhunderts auch künstlich hergestellt worden ist. Die abgeschnittenen Köpfe des Kaktus werden frisch gegessen oder getrocknet geraucht. Ähnliche körperliche Symptome wie beim LSD können bereits 15 bis 30 Minuten nach der Einnahme auftreten, die halluzinatorischen Rauscheffekte stellen sich nach ein bis zwei Stunden ein. Die Wirkung dauert meist acht bis zwölf Stunden.
2C-B und 2C-I sind Abkürzungen für zwei Substanzen aus der Gruppe der Phenyläthylamine, die künstlich aus Meskalin hergestellt und meist in Pillenform geschluckt oder als Pulver (2C-B) geschnupft werden. Die Wirkung setzt fünf bis zehn Minuten nach dem Schnupfen bzw. 30 bis 60 Minuten nach dem Schlucken ein, erreicht ihren Höhepunkt nach einer bis anderthalb Stunden und dauert vier bis acht (2C-B) oder sechs bis zehn (2C-I) Stunden.
DOM und DOB
DOM und DOB werden chemisch aus Amphetamin abgeleitet und sind mit Meskalin verwandt. Sie werden meist als »Filze« (kleine, in der psychoaktiven Substanz getränkte Löschpapierstücke) oder in flüssiger Form geschluckt. Die Wirkung von DOM dauert 14 bis 20 Stunden, jene von DOB sogar bis zu 30 Stunden! Erst nach ungefähr einer Stunde setzen erste Effekte ein, der volle Rausch entfaltet sich nach drei Stunden.
Ketamin ist ein rezeptpflichtiges Narkosemittel, das chemisch mit dem ebenfalls als Droge gebrauchten PCP (»Angel Dust«) verwandt ist. Nebst betäubenden hat Ketamin auch halluzinogene, stimulierende und zugleich lähmende Eigenschaften. Ketamin wird gespritzt, geschluckt oder geschnupft. Je nach Konsumform tritt die Wirkung nach 2 bis 20 Minuten ein und dauert eine halbe bis drei Stunden.
Auch in Mitteleuropa gibt es Pflanzen und Pilze mit halluzinogenen Eigenschaften. Zu den bekanntesten zählt der Fliegenpilz. Neben dem Muscarin sind vor allem die Ibotensäure und das Muscimol für die Rauschwirkung dieses Pilzes verantwortlich (beide sind auch in der Muskatnuss zu finden). Fliegenpilze werden frisch gegessen, häufiger aber getrocknet geraucht oder abgekocht als Sud getrunken. Der Konsum führt nach einer bis drei Stunden zu halluzinogenen Wirkungen.
Einige Pflanzen aus der Familie der Nachtschattengewächse (Engelstrompete, Tollkirsche, Alraune, Bilsenkraut, Stechapfel) enthalten sehr giftige psychoaktive Alkaloide wie Atropin und Scopolamin. Nachtschattendrogen werden gegessen, als Tee getrunken, als Salben zubereitet oder geraucht. Die Wirkung tritt nach 30 bis 45 Minuten ein und kann je nach Dosis fünf Stunden bis zehn Tage dauern.
Der Konsum halluzinogener Substanzen birgt zahlreiche körperliche und psychische Risiken.
Körperliche Risiken:
Eine Überdosis kann lebensbedrohlich sein.
Zu den möglichen Todesursachen gehören Überhitzung, Nieren-, Leber- und Herz- Kreislaufversagen.
Psychische Risiken
Körperliche Risiken des Langzeitgebrauchs
Toleranzbildung: bei regelmäßigem Konsum vermindert sich die Wirkung des eingenommenen Halluzinogens
Überdosierung, Unfallgefahr und Nachhall-Effekte
Obwohl es keine eindeutigen Hinweise auf eine körperliche Abhängigkeit von Halluzinogenen gibt, ist bei regelmäßigem Gebrauch eine Toleranzbildung zu beobachten, das heißt die Dosierung muss laufend erhöht werden. Dies birgt stets die Gefahr von akuten Vergiftungen. Zudem führt der Konsum von Halluzinogenen in unserer hochtechnisierten Umwelt nicht selten zu folgenschweren Unfällen.
Überdosierungen sind meist nicht direkt tödlich, sondern indirekt, etwa über Selbsttötungen nach Flug-Halluzinationen (Sprung aus dem Fenster).
Zu den nicht kalkulierbaren Rauschfolgen zählen auch die häufig auftretenden Nachhall-Effekte. Dabei handelt es sich um kurze Wiederholungen von Rauschzuständen, die Monate oder gar Jahre nach Ende des Halluzinogenkonsums auftreten können.
Gefahr für labile Psyche
Bei psychisch labilen Menschen kann durch den Konsum von Halluzinogenen eine bereits vorhandene psychische Krankheit ausbrechen. Wahrscheinlich spielen dabei Stoffwechselstörungen im Gehirn eine Rolle. Einige Psychotherapeuten sind der Ansicht, dass Erfahrungen unter Halluzinogeneinfluss bei der Aufdeckung psychischer Konflikte helfen. Das kann aber kein Grund für abenteuerliche Psychotrips sein.
Der Konsum von Halluzinogenen ist insbesondere für die psychische Gesundheit ein großes Risiko und birgt auch Gefahren für die körperliche Gesundheit. Vor diesem Hintergrund muss die Prävention vor allem auf einen Konsumverzicht abzielen.
Für Personen, die nicht auf einen Konsum verzichten wollen, ist die Schadensminderung wichtig. Die entsprechenden Informationen dürfen aber nicht zum Konsum anregen.
Die Grundbotschaft ist deshalb immer:
Es gibt keinen Drogenkonsum ohne Risiko.
Insbesondere muss auf das hohe Risiko eines Mischkonsums (gleichzeitiger Gebrauch mehrerer psychoaktiver Substanzen) hingewiesen werden. Viele Konsumierende von Halluzinogenen gebrauchen auch Alkohol, Cannabis und / oder Amphetamine. Informationen über Halluzinogene müssen die unmittelbaren und längerfristigen Risiken für die Gesundheit beschreiben. Das Wissen um die verschiedenen Risiken von Halluzinogenen ist wichtig, aber nicht ausreichend für eine erfolgreiche Prävention. Die kontinuierliche Entwicklung der individuellen Lebenskompetenzen ist von großer Bedeutung und soll in verschiedenen Lebensbereichen unterstützt werden (Familie, Schule, Jugendgruppe etc.).
Zu den wichtigen Kompetenzen gehört zum Beispiel, verantwortungsbewusste Entscheidungen zu treffen, welche Risiken man eingehen will und welche nicht. Diese Fähigkeit kann durch erzieherische Maßnahmen gestützt werden.
Ein Drogenrausch ist ein leicht herzustellendes, unmittelbares Erlebnis von ungewohnter Intensität, und gerade Halluzinogene versprechen besonders ausgefallene und starke Erlebnisse.
Eine wirksame Prävention muss den Wunsch, sich in andere Bewusstseinszustände zu versetzen, berücksichtigen. Ein Angebot drogenfreier, alternativer »Räusche« mit geringerem Risiko – zum Beispiel im Rahmen der Erlebnispädagogik – ist ein Ansatz, um das Bedürfnis nach Grenzerfahrungen möglichst schadenfrei zu stillen. Darüber hinaus muss die Prävention auch dazu beitragen, Lebensbedingungen zu verändern, die den Drang verstärken, in andere Welten zu fliehen (z.B. Überforderung und Unterforderung im Alltag).
Teile des Inhalts mit freundlicher Genehmigung von Sucht Schweiz, Lausanne, CH und dem Institut für Suchtprävention
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