Ecstasy

Ecstasy, eine synthetische Droge, entstand in den Pharmalabors des letzten Jahrhunderts, tauchte in den späten 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts im Bewusstsein der Öffentlichkeit als Party- und Tanzdroge der »Techno-Bewegung« auf und ist heute Bestandteil bestimmter Lebensstile von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Kaum eine Droge polarisiert stärker: Für die einen ist sie die »Droge der Liebe«, für die anderen Ursache von Hirnschäden. Wie wirken »XTC« und seine chemischen Verwandten? Welche unmittelbaren und langfristigen Risiken des Konsums existieren? Was kann die Prävention tun?

Vom Appetitzügler zur Partydroge

Ecstasy (MDMA) und seine Derivate (MMDA,MDA, MDEA und MBDM) geben eine bunte Mischung psychoaktiver Substanzen in ebenso bunter Pillenform ab, die unter den verschiedensten Bezeichnungen (XTC, ADAM, E, X, Eve, Love drug) und Handelsmarken auf dem Drogenschwarzmarkt vertrieben werden. Von der Pharmaindustrie zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Appetitzügler entwickelt, in den 60er-Jahren als »Wahrheitsdroge « vom amerikanischen Geheimdienst getestet, später als »Droge der Liebe« unter kalifornischen Hippies vergöttert und von Anhängern der psycholytischen Psychotherapiebewegung als seelisches »Lösungsmittel « propagiert, ist Ecstasy seit den 80er-Jahren als Partydroge diverser Jugendbewegungen (Techno, Hip-Hop) der westlichen Welt fest etabliert und neuerdings als todbringende Tanzdroge und neurotoxischer »Gehirnzellenkiller« verrufen. 

Im Jahre 1985 wurden Ecstasy und seine chemischen Verwandten dem UNO-Übereinkommen über psychotrope Substanzen von 1971 unterstellt und in Ländern wie den USA und der BRD gesetzlich verboten. Auch in Österreich unterliegen Ecstasy und seine Derivate dem Suchtmittelgesetz (SMG); Besitz, Erwerb und Handel sind also strafbar. Im Jahre 2010 erfolgten in Österreich 338 Anzeigen in Zusammenhang mit Ecstasy.

Einordnung und Wirkungsweise

Ecstasy, chemisch 3,4-Methylendioxymetamphetamin (MDMA), sowie die strukturverwandten Substanzen MMDA, MDA, MDEA und MBDM zählen zu den synthetischen Drogen. Neurobiologisch wirken MDMA und seine Analoga über die erhöhte Ausschüttung des Botenstoffes Serotonin und – in geringerem Ausmaß – wohl auch der Neurotransmitter Dopamin und Noradrenalin im Gehirn. Dies geschieht in Gehirnbereichen, in denen Glücks- und Belohnungsgefühle – die entaktogene und empathogene Wirkung der Droge – ausgelöst werden. Da Ecstasy gleichzeitig aber auch die Rückaufnahme der Botenstoffe in die Nervenzellen blockiert, wird angenommen, dass es nach chronischem Konsum zu reduzierten Serotonin-Dichten im Gehirn und hirnmorphologischen Veränderungen kommt.

Ecstasy und seine Derivate werden auch als Designerdrogen klassifiziert, da diese Substanzen in Labors vollsynthetisch hergestellt werden und sie durch geringe chemische Einordnung und Wirkungsweise Veränderungen ein anderes »Drogendesign« erhalten können. Durch solche Veränderungen können etwa auch gesetzliche Verbote umgangen werden. Häufig kursieren falsche Ansichten über die Designerdrogen. So wird das als »flüssiges Ecstasy« bezeichnete GHB oft ebenfalls für eine der MDMA-Gruppe verwandte Substanz gehalten, was weder von der chemischen Zusammensetzung noch von der Wirkung her zutrifft.

Die pharmakologische Einordnung von Ecstasy als »Entaktogen« rührt daher, dass die Substanz den »Kontakt zum eigenen Inneren«, also zum Psychischen und besonders zur Gefühlswelt erleichtert. Darüber hinaus soll Ecstasy auch die emotionale Verbundenheit und Nähe zu anderen Menschen erhöhen. Als positive Erwartungen an die Droge werden von den Konsumierenden häufig auch Entspannung, Glücksgefühle, Zufriedenheit, Hilfsbereitschaft untereinander und sogar politische Aspekte wie Förderung des Weltfriedens und Bewahrung der Natur genannt. Sie werden deshalb auch gelegentlich »Empathogene« (Empathieauslöser) genannt. Die Amphetamin- Wirkungskomponenten von Ecstasy lösen Wachheit und Leistungssteigerung aus; die halluzinatorischen Wirkungen führen zu einer veränderten Wahrnehmung von Raum und Zeit.

Je nach Drogendesign und eingenommener Dosis stechen bei den Entaktogenen die stimulierenden, die halluzinogenen oder die introspektions-und sinnlichkeitsverstärken den Wirkungskomponenten hervor. Die Wirkungen der stoffreinen Drogen sind stark dosisbezogen, variieren doch die gebräuchlichen Einzeldosen zwischen 50 und 100 mg. Ecstasy beginnt nach 20 bis 60 Minuten zu wirken; die Wirkungen halten zwischen zwei und sechs Stunden an. Ein Nachweis von XTC und seiner Metaboliten ist im Blutserum während 24 Stunden, im Urin bis zu drei Tagen und im Haar noch während mehreren Monaten möglich.

Ecstasy-Gebrauch in Österreich

Bei den Ecstasy-Konsumierenden handelt es sich überwiegend um sozial integrierte, unauffällige und leistungsorientierte Freizeitgebrauchende, die meist nur am Wochenende Ecstasy und andere Substanzen einnehmen.

Die Österreichische Repräsentativerhebung 2008 (Uhl u. a. 2009) kommt zu dem Schluss, dass von den 15- bis 99-Jährigen etwa 1,9 % jemals Ecstasy probiert haben. Erwartungsgemäß ist die Gruppe der 20- bis 24-Jährigen diejenige mit den höchsten Werten, und zwar ca. 5,8 % Lebenszeitprävalenz.

Im Vergleich der Studien von 2004 und 2008 »zeigt sich« ein Rückgang der Lebenszeitprävalenz von 2,7 % auf 1,9 %. Da man jedoch jemals gemachte Konsumerfahrungen nicht »löschen« kann und Konsumerfahrungen bei den jüngeren Gruppen nach wie vor vergleichsweise höher sind, werden diese Daten von den Autorinnen und Autoren angezweifelt und auf ein geändertes Antwortverhalten zurückgeführt. Diese Ergebnisse aus Fragebogenerhebungen bei der allgemeinen Bevölkerung dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass in gewissen Konsumgruppen der Gebrauch deutlich stärker ist. In verschiedenen Partyszenen schätzen Szenekenner den Anteil jener Rave-Partygängerinnen und -Partygänger, die gelegentlich oder regelmäßig Ecstasy konsumieren, auf bis zu 50 %. Streetwork- und Beratungseinrichtungen treffen bei ihren nichtrepräsentativen Vor-Ort-Befragungen auf eine beachtliche Anzahl von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einem hohen und regelmäßigen Ecstasy- Gebrauch, der oft mit Konsum von Alkohol, Cannabis, Amphetaminen, Kokain einhergeht. Viele, die sich für die Wochenendpartys aufputschen, verwenden danach dämpfende Substanzen (z.B. Alkohol, Cannabis, Schlafmittel oder gar Heroin), um die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen. Die Anzahl der Anzeigen in Zusammenhang mit synthetischen Drogen sowie die Beschlagnahmungen hat 2010 gegenüber dem Vorjahr wiederum abgenommen, laut Exekutive »befindet sich Ecstasy seit dem Berichtsjahr 2004 auf Abwärtskurs« (Suchtmittelbericht2010).

Konsummuster

Ecstasy wird überwiegend in Tablettenform oral eingenommen. Es kann aber auch als Pulver geschnupft und geraucht oder in Flüssigkeit aufgelöst gespritzt werden. Häufigste Konsumorte und Handelsplätze für die verschiedenfarbigen und mit unterschiedlichsten Prägemotiven versehenen Tabletten sind Klubs/Diskos und Bars. Die an solchen Orten vertriebenen Ecstasy-Tabletten enthalten nicht selten Wirkstoffmischungen mit Amphetaminen. Dem reinen MDMA können aber auch Drogen wie Koffein, Kokain, LSD, PCP, Ketamin und diverse Streckmittel beigemischt sein. 

Gegenwärtig ist der Ecstasy-Konsum nicht mehr nur unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Techno-Kultur beliebt, sondern er breitet sich auch in anderen Jugendszenen (House, Hip-Hop) aus. Dabei dominiert der zyklische Gebrauch der Ecstasy-Pillen – vor allem an Wochenenden – in  Diskotheken, Klubs und auf Parties. Die Konsumierenden streben über ekstatische Tanz- und Musikerlebnisse einen punktuellen Ausstieg aus dem Alltagsleben an, bei dem die Einnahme einer Pille mit positivem Wirkungsversprechen (intensivere Gefühle, bessere Kommunikation, »Fun« in der Gruppe, Leistungssteigerung beim Tanz) Bestandteil eines Freizeitrituals wird. Ecstasy ist keine Aussteigerdroge, sondern vermittelt den Gebrauchenden die Illusion, sich dank des »Freizeitdopings« genau im richtigen Moment in die richtige Stimmung versetzen zu können. Der Wunsch nach größerer Ausdauer beim Tanzmarathon in den Diskotheken oder auf den Raves führt zu einem Konsummuster des »Nachlegens« von Pillen bei abflauender Wirkung. Dabei entsteht das Risiko einer akuten Intoxikation und Erschöpfung, besonders in überhitzten Räumen und bei mangelnder Zufuhr von alkoholfreien Getränken.

Die Langzeitfolgen des Ecstasy-Konsums

Bestehende körperliche Schwächen wie Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-, Leber- und  Nierenerkrankungen, Diabetes, Glaukom und Epilepsie können durch den Gebrauch von Ecstasy negativ beeinflusst werden. Definitive und irreversible neurotoxische Schädigungen des Gehirns sowie die Auslösung chronisch degenerativer Erkrankungen wie der Parkinson Krankheit durch Ecstasy-Gebrauch werden angenommen, konnten aber trotz entsprechender Versuche bisher nicht nachgewiesen werden.

Extrem hohe und kumulative MDMA-Dosierungen stehen dennoch weiterhin in Verdacht, auch beim Menschen bleibende neurologische Veränderungen auszulösen. Besonders die serotoninabhängigen Prozesse im Gehirn (Schlaf, psychomotorischer Antrieb, Affektregulation) werden durch den langfristigen Ecstasy-Gebrauch beeinflusst. Der Einsatz neuster bildgebender Verfahren (PET) konnte dabei geschlechtsspezifische Unterschiede in der Serotonintransporter-Dichte nachweisen. Bei chronischen Ecstasy-Gebraucherinnen war die Dichte auf Dauer deutlicher verringert, was annehmen lässt, dass Frauen empfindlicher auf die gleiche Dosis XTC reagierten als Männer.

Verschiedene Untersuchungen weisen darauf hin, dass es im kognitiven Bereich der Hirnleistungen zu längerfristigen Schädigungen kommen kann – etwa in Form von Denk-, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen sowie eingeschränkter Lernfähigkeit. Chronischer Gebrauch von MDMA und seiner Analoga kann zu langfristigen psychiatrischen Störungen (Psychosen, Depressionen, Persönlichkeitsstörungen) führen, jedoch meist in Verbindung mit bestehenden Erkrankungen bzw. individueller Disposition zu Störungen.

 

Nebenwirkungen und Risiken

 

Ecstasy besaß lange den Ruf einer »sicheren Droge«, doch aufgrund von Todesfällen in der Techno-Szene in Verbindung mit XTC und wissenschaftlichen Hinweisen auf eine Neurotoxizität der Droge ist eine Neubeurteilung der Risiken angezeigt. Nebenwirkungen und Risiken beim Gebrauch von Ecstasy und seiner Analoga sind stark dosisabhängig; aber auch Alter, Geschlecht, Körpergewicht, Gesundheitszustand (Nieren- und Leberfunktion), psychische Prädisposition und Befindlichkeit des Konsumierenden sowie das soziale Umfeld beim Konsum beeinflussen die Reaktionen des Individuums auf die Droge.

 

Häufige unmittelbare Nebenwirkungen des Ecstasy-Konsums sind:

 

  • Pupillenerweiterung und verschwommenes Sehen
  • Mundtrockenheit
  • Muskelverkrampfungen
  • Kopfschmerzen, Schwindel
  • Übelkeit
  • Psychomotorische Unruhe
  • Trübung der Wachsamkeit
  • Motorische Störungen
  • Verminderte Urteilsfähigkeit

Noch Stunden bis wenige Tage nach dem MDMA-Konsum kann es zu folgenden Nebenwirkungen kommen:

(so genannter »midweek blues«):

 

  • Schlaflosigkeit
  • Antriebslosigkeit
  • Depressive Verstimmung
  • Angststörungen

 

Abhängigkeitspotential:

 

Das Abhängigkeitspotenzial von MDMA ist umstritten. Das Absetzen von Ecstasy führt zu psychischen Entzugserscheinungen wie Stimmungsschwankungen, depressiven Verstimmungen und starkem Wunsch nach der Droge. Bei häufigem Konsum von Ecstasy und seiner Analoga erfolgt eine Toleranzentwicklung, die zu einer Dosissteigerung und erhöhten Konsumfrequenzen führen kann. Auch von einer Wirkungsumkehr wird häufig berichtet: Nach häufigem Konsum lässt die erwünschte Wirkung nach, während die negative Wirkung zunimmt.

 

Vergiftungsrisiken:

 

Akut-toxische Zwischenfälle nach überdosiertem Ecstasy-Konsum und Mischkonsum (z.B. mit Alkohol) können lebensbedrohlich sein. Sie manifestieren sich durch:

 

  • Krampfzustände
  • Dehydration (Austrocknung) und Überhitzung des Körpers
  • Blutdruckabfall
  • Herz-Kreislauf-Störungen
  • Lungenödeme
  • Leber- und Nierenversagen

 

Die Überhitzung des Körpers ist eines der bedrohlichsten Risiken. In Verbindung mit ausdauerndem Tanzen in überhitzten und schlecht belüfteten Party-Lokalitäten ohne ausreichende Flüssigkeitszufuhr wird das neurotoxische Risiko der Substanzen verstärkt.

 

MDMA erhöht den Serotoninspiegel im Gehirn. Werden andere serotonerg wirkende Substanzen gleichzeitig eingenommen (Antidepressiva, Lithium), kann dadurch ein akut-toxisches »Serotonin-Syndrom « ausgelöst werden. Dieses äußert sich in körperlichen und psychischen Symptomen wie Schweißausbrüchen, Durchfall, Überhitzung, Übelkeit, Erbrechen, Schlafstörungen, Herzrasen,Ataxie (Bewegungsstörung), Angst, Verwirrtheit, evtl. gar Koma. Auch die Substanz Ritonavir erhöht die Toxizität von MDMA.

Prävention

Ecstasy wird vor allem in der Party- und Technoszene konsumiert, wobei festzuhalten ist, dass nicht alle Partybesuchenden Ecstasy konsumieren. Diese Personengruppe muss in ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der Droge bestärkt werden. Bei Personen, die sich für den Konsum entschieden haben, kann die Prävention vor allem darauf abzielen, dass der Konsum mit möglichst wenig Schaden für die Konsumierenden verbunden ist. Eine Studie zeigt, dass Ecstasy-Konsumierende sich nur selten an eine Drogenberatungsstelle wenden. Um die Zielgruppe zu erreichen, muss Ecstasy-Prävention eine aktive, szenenahe Arbeit vor Ort einschließen. Eine solche pragmatische Prävention sollte sich der sich schnell verändernden Partyszene anpassen. Verschiedene Erfahrungen zeigen, dass in der Szene ein großes Bedürfnis nach fundierter Information über psychoaktive Substanzen, deren Wirkungen und Risiken besteht. Damit Präventionsbotschaften bei der Zielgruppe ankommen, müssen sie szenegerecht aufgearbeitet werden. 

 

Die erste präventive Botschaft lautet jedoch immer: Drogenkonsum ohne Risiko gibt es nicht!

Wer auf Nummer sicher gehen will, nimmt also keine Drogen. Neben der Förderung psychosozialer Kompetenzen, der Schaffung gesundheitsfördernder Lebenswelten und der Aufklärung über psychoaktive Substanzen sind Systeme der Früherkennung und Maßnahmen zur Schadensminderung wichtige Bestandteile der Prävention.

Eine direkt an den Konsumorten stattfindende schadensmindernde und sekundärpräventive Maßnahme, die in Österreichs vereinzelt bereits eingesetzt wird, ist das Testen von XTC Pillen und anderen synthetischen Drogen mit mobilen Labors, um deren tatsächliche Zusammensetzung zu kennen. Das mobile Labor darf aber nicht als Freipass zum Konsum missverstanden werden:

Unerlässlich bei solchen Tests sind die Mitwirkung von Fachpersonen, der Dialog mit den Konsumierenden, die Erläuterung der Analyse und die Vermittlung von klaren Präventionsbotschaften. Bevor solche Labors in größerem Rahmen zum Einsatz kommen, sind weitere Studien zur Durchführung und zur Wirksamkeit sinnvoll. Präventive Bemühungen sind darüber hinaus auf struktureller Ebene anzusetzen. Maßnahmen sind zum Beispiel: Schulung des Partypersonals, Abgabe von Informationsmaterial und Anpassungen der Infrastruktur (Frischluft, Trinkwasser, Sitzgelegenheiten, Erholungsraum usw.).

Wenn alle für das Partyumfeld relevanten Akteure (Veranstalter, Polizei, Präventionsfachleute) sich vernetzen und zusammenarbeiten, ist eine gut abgestützte, wirksame Prävention möglich.

Teile des Inhalts mit freundlicher Genehmigung von Sucht Schweiz, Lausanne, CH und dem Institut für Suchtprävention

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